Wissenschaftler identifizieren genetische Risikofaktoren für Opioidkonsumstörungen
Last Updated on August 9, 2022 by Joseph Gut – thasso
08. August 2022 – Opioidbedingte Überdosierungen haben in den USA ein Allzeithoch erreicht und nehmen weltweit weiterhin zu, obwohl z.B. in Europa (auch in Deutschland) diese Annahme kaum zutrifft. So zeigt sich, dass im Jahr 2017 die Zahl der durch Überdosierung von Opioiden verursachten Todesfälle in Europa etwa 1,2 Todesfälle pro 100’000 Einwohner pro Jahr betrug. Dies ist viel weniger als in den USA, wo 15 Todesfälle pro 100’000 Einwohner im Jahr 2017 und 20.6 Todesfälle pro 100’000 Einwohner im Jahr 2018 auf eine Opioid-Überdosierung zurückgeführt wurden.
Trotzdem adressiert die kürzlich in Molecular Psychiatry veröffentlichte Studie einen dringenden Bedarf an bisher fehlendem Wissen in Bereich genetischer Grundlagen für Opioidkonsumstörungen, da man davon ausgehen kann, dass 1) nicht jeder Patient unter Opioid-Therapie von einer Opioidkonsumstörung betroffen ist, und dass 2), wenn man entsprechende genetische Risikofaktoren kennen würde, betroffenen Patienten viel gezielter und individualisierter geholfen werden könnte.
Die angesprochene Studie von Wissenschaftlern der Yale-University in den USA hat gemäß einer neuen groß angelegten genomweiten Assoziationsstudie (GWAS) genetische Risikofaktoren für Opioidkonsumstörungen und verwandte Substanzgebrauchsstörungen identifiziert, wodurch die Anzahl der nun bekannten Risikogene von 1 auf 19 erhöht wurde.
Die Forscher untersuchten genetische Daten von über 600’000 Teilnehmern europäischer und afrikanischer genetischer Abstammung. Die Wissenschaftler identifizierten genetische Variationen in 19 Genen, die mit dem Risiko von Opioidkonsumstörungen verbunden waren. In ihrer Analyse der Daten stellte sich heraus, dass die zwei Gene OPRM1 und FURIN speziell mit Opioidkonsumstörungen assoziiert waren, dass jedoch viele weitere Gene in der Analyse identifiziert wurden, die Informationen zu Opioidkonsumstörungen zusammen mit Cannabiskonsumstörungen und Alkoholkonsumstörungen enthielten. OPRM1, z.B., ist ein Gen, das mu-Opioidrezeptoren im Gehirn codiert, was es zu einem erstklassigen genetischen Target für die Prädisposition für Opioidkonsumstörungen macht; frühere Arbeiten zeigten, dass Variationen in diesem Gen das Risiko für Opioidkonsumstörungen beeinflussen.
Diese GWAS-Studie erweiterte das Wissen über die der Opioidkonsumstörungen zugrunde liegende möglichen Genetik enorm, dank des Ansatzes der Metaanalyse von Daten aus vielen verschiedenen Studien, welche auch genetische Informationen von anderen verwandten Substanzstörungen einbezog, um mehr Genfindungsleistung zu erzielen. Mit diesem Konzept war es möglich ein genetisches Risiko zu identifizieren, das einerseits spezifisch für Opioidkonsumstörungen ist, sowie ein genetisches Risiko, das allgemeiner mit anderen Arten von Störungen des Substanzgebrauchs geteilt wird, im Sinne von Störungen im weiteren Sinne.
Die Ergebnisse der Studie zeigen auch genetische Zusammenhänge/Überschneidung zwischen der Entwicklung von Opioidkonsumstörungen und verwandten Erkrankungen wie chronischen Schmerzen, Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Krankheit oder Behinderung und anderen psychiatrischen Folgen wie Angstzuständen, Depressionen und PTBS. „Diese genetischen Befunde stimmen mit gemeinsamen Merkmalen überein, die oft in der klinischen Präsentation von Personen zu sehen sind, bei denen eine Opioidkonsumstörungen diagnostiziert wurde. Diese Ergebnisse sagen nicht, dass jemandem mit diesen spezifischen genetischen Risikofaktoren Opioide verschrieben werden sollten oder nicht, um Schmerzen oder ähnliches zu behandeln; diese Studie unterstützt diese Schlussfolgerung nicht, aber sie könnte helfen, einige unbeantwortete Fragen zu klären, um die Bedenken der öffentlichen Gesundheit im Zusammenhang mit Opioiden anzugehen.
Interessant zu wissen, dass thasso schon früher einen ersten und einen weiteren Artikel in Zusammenhang mit Opioiden publiziert hatte.
Sehen sie hier eine Sequenz zur Opioid-Krise der USA: