Schwangerschaft: Risiko schwerer angeborener Fehlbildungen unter Modafinil-Therapie

Schwangerschaft: Risiko schwerer angeborener Fehlbildungen unter Modafinil-Therapie

Last Updated on May 16, 2019 by Joseph Gut – thasso

11. Mai 2019 – Mittels Rote-Hand-Brief informieren in Deutschland die Zulassungsinhaber von modafinilhaltigen Arzneimitteln in Abstimmung mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) über das Risiko von angeborenen Fehlbildungen im Zusammenhang mit der Anwendung von Modafinil während der Schwangerschaft.

Modafinil

Modafinil ist in Deutschland zugelassen zur Behandlung exzessiver Schläfrigkeit, die im Rahmen einer Narkolepsie auftritt. Die Narkolepsie ist eine Hypersomnie zentralnervösen Ursprungs ohne Bezug zu schlafbezogenen Atmungsstörungen. Es liegt ihr eine Störung der Schlaf-Wach-Regulation zu Grunde. Im Volksmund wird die Erkrankung daher auch als „Schlafkrankheit“ bezeichnet.

Klinisch wird unterschieden zwischen Narkolepsie mit Kataplexie („klassische Narkolepsie“), Narkolepsie ohne Kataplexie („monosymptomatische Narkolepsie“) und sekundärer Narkolepsie (u. a. bei strukturellen Läsionen des Hypothalamus oder oberen Hirnstamms bei Ischämie, Tumor oder Neurosarkoidose). Die klassische Narkolepsie stellt eine neurologische Erkrankung dar und ist durch die Hauptsymptome exzessive Tagesschläfrigkeit und Kataplexien charakterisiert. Betroffen sind dabei der Wachzustand, der NREM– und REM-Schlaf und deren Übergänge mit entsprechend vielschichtigen Symptomen.

Ob es eine genetische Ursache der Narkolepsie gibt, ist (noch) nicht hinreichend bekannt. Jedoch zeigt das DQB1*0602-Allel bei Patienten mit Narkolepsie eine Assoziation mit der Erkrankung. 90-95 % aller kaukasischen Patienten mit einer Narkolepsie tragen den HLA-Haplotyp DQB1*0602. Bei ca. 5-10 % der Patienten mit Narkolepsie liegt dieses Allel somit nicht vor. In der Normalbevölkerung weist dieser Haplotyp eine Frequenz von 33% auf. In einigen Familien mit familiär gehäuft auftretender Narkolepsie keine Assoziation zum DQB1*0602-Haplotyp nachgewiesen werden konnte. Eine höhere Assoziation zu DQB1*0602 besteht für Patienten mit Kataplexie. Bei Patienten mit einem milden oder atypischen Verlauf der Narkolepsie dagegen findet sich der DQB1*0602-Haplotyp nur in 40-60 % der Fälle.

Basierend auf einer Anzahl von Meldungen aus der Pharmakovigilanz sowie aus Daten eines Schwangerschaftsregisters zu Modafinil und Armodafinil in den USA besteht nun der Verdacht, dass die Anwendung von Modafinil während der Schwangerschaft zu schwerwiegenden angeborenen Fehlbildungen der werdenden Kinder führen kann. Es wurde jedoch kein spezifisches Fehlbildungsmuster beobachtet. Konsequenterweise sollten Modafinil oder Modanifil-haltige Arzneimittel daher während der Schwangerschaft nicht angewendet werden.

Verschreibende Ärzte und Personen in Heilberufen müssen sicherstellen, dass alle Patientinnen im gebärfähigen Alter wissen und verstanden haben, dass ein mögliches Risiko für Fehlbildungen bei Anwendung von Modafinil während der Schwangerschaft besteht und Modafinil oder Modanifil-haltige Arzneimittel daher in der Schwangerschaft nicht verwendet werden sollten. Ebenso sollten diese Patientinnen während der Anwendung von Modafinil eine wirksame Methode der Schwangerschaftsverhütung benutzten. Der Wirkstoff Modafinil kann die Wirksamkeit oraler Kontrazeptiva beeinträchtigen; deshalb sind alternative oder zusätzliche sichere Verhütungsmethoden erforderlich.

Das Leben mit Narkolepsie:

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Professor in Pharmakologie und Toxikologie. Experte in theragenomischer und personalisierter Medizin und individualisierter Arzneimittelsicherheit. Experte in Pharmako- und Toxiko-Genetik. Experte in der klinischen Sicherheit von Arzneimitteln, Chemikalien, Umweltschadstoffen und Nahrungsinhaltsstoffen.