14. Juli 2017 – Das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat soeben einen von den betroffenen pharmazeutischen Unternehmen verfassten Informationsbrief zur Einführung einer Patientenkarte für Arzneimittel, welche Valproat (Valproinsäaure) und verwandte Substanzen enthalten, zu Handen der Ärzte und Apotheker veröffentlicht.
Hintergrund dieses Informationsbriefes ist der Bescheid des BfArM vom 10. April 2017, in welchem für Valproat und verwandte Substanzen enthaltende Arzneimittel die Einführung einer Patientenkarte als ergänzende Risikominimierungsmaßnahme verfügt wurde. Mit der Einführung
dieser Patientenkarte als Bestandteil jeder Packung von Valproat und verwandte Substanzen enthaltenden Arzneimitteln sollte sichergestellt werden, dass insbesondere Schwangere, weibliche Jugendliche und Frauen im gebärfähigen Alter, ergänzend zur Patientenbroschüre, regelmäßig und unmittelbar im Zusammenhang mit der Einnahme des betreffenden Arzneimittels über die mit einer Valproatexposition im Mutterleib einhergehenden teratogenen Risiken für das ungeborene Kind informiert werden.
Valproat-haltige Arzneimittel werden unter anderem bei der Behandlung von generalisierten Formen der Epilepsie, zur Behandlung von Absenzen, Aufwach-Grand-Mal und jugendlicher myoklonischer Epilepsie, und zur Prophylaxe depressiver und manischer Zustände bei der bipolaren Störung eingesetzt. Dabei treten bei Verabreichung von Valproat-haltigen Arzneimitteln während der Schwangerschaft treten in etwa zehn Prozent der Fälle Missbildungen des menschlichen Fetus auf, wie beispielsweise. Spina bifida oder Aplasia cutis congenita. Außerdem besteht ein dosisabhängiges Risiko von ca. 30–40 % für schwerwiegende spätere Entwicklungsstörungen des Kindes.
Die Frage kommt auf, ob eine Patientenkarte in Tat und Wahrheit eine geeignete und vor allem wirksame Massnahme ist, um die Zahl konkreter Fälle von Missbildungen bei Kindern zu reduzieren, denn die Zahlen sind beindruckend. So gab z.B. die französische Arzneimittelbehörde ANSM im April 2017 bekannt, dass nach einer ersten Schätzung für den Zeitraum vom 1967 bis 2016 bis zu 4.100 Kinder in Frankreich wegen des Antiepileptikums Valproat mit schweren Missbildungen auf die Welt gekommen sind (thasso postberichtete darüber). Darüber hinaus gab Frankreich schon im Januar 2017 bekannt, einen Fonds mit zehn Millionen EURO einzurichten, um Frauen zu entschädigen, denen in der Schwangerschaft der Wirkstoff Valproinsäure verschrieben wurde, ohne sie über die damit verbundenen Risiken aufzuklären; spätestens ab 2004 hätten Patientinnen darüber gezielt informiert werden müssen. Unter dem Gesichtspunkt dieser beeindruckenden Zahlen von teratogenen Fällen hat die französische Arzneimittelbehörde ANSM am 7. Juli 2017 die wohl einzige richtige und wirksame Massnahme ergriffen und eine klare Kontraindikation von Valproat-haltigen Arzneimitteln bei schwangeren Patientinnen und bei Frauen im gebärfähigen Alter ausgesprochen (thasso post berichtete darüber).
Währendem die Bemühungen des BfArM (und anderer Zulassungsbehörden wie z.B. Swissmedic) begrüssenswert sind, über eine Patientenkarte Patientinnen über die Risiken besser aufzuklären, und allfällig Patientinnen vom Gebrauch Valproat-haltiger Arzneimittel während der Schwangerschaft abzuhalten, hilft das den voraussehbar weiterhin auftretenden Fällen von Kindern mit teratogenen Missbildungen wenig. Eine klare Kontraindikation, analog zu jener in Frankreich, ist nötig, um diese Fälle drastisch zu senken.
Hier die weiteren Unterlagen zur Mitteilung des BfArM:
Valproate-haltige Arzneimittel sind unter anderem unter folgenden Handelsnamen in Deutschland (D), der Schweiz (CH, und Österreich (A) auf dem Markt: Convulex (D, A, CH), Convulsofin (D), Depakine (CH, A), Ergenyl (D), Leptilan (D), Orfiril (D, CH), Valproat (D), sowie zahlreiche zahlreiche Generika (D, CH).
Professor in Pharmakologie und Toxikologie.
Experte in theragenomischer und personalisierter Medizin und individualisierter Arzneimittelsicherheit.
Experte in Pharmako- und Toxiko-Genetik.
Experte in der klinischen Sicherheit von Arzneimitteln, Chemikalien, Umweltschadstoffen und Nahrungsinhaltsstoffen.
1 Comment on “Valproate: Verhindert denn eine Patientenkarte teratogene Schädigungen von Kindern?”
Eine Patientenkarte verhindert doch gar nicht. Eine strikte Kontraindikation für Valproat-haltige Arzneimittel in Frauen welche schwanger sind oder es werden möchten oder können ist längst überfällig. Unverständlich, wie die Zulassungsbehörden seit Jahren herumeiern, obwohl die Teratogenizität dieser Mittel schon längstens bekannt ist und die grosse Anzahl der betroffenen Kinder ebenfalls. Es scheint, dass Ungeborene, Kleinkinder, und Mama’s keine Pharmalobby haben.
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Eine Patientenkarte verhindert doch gar nicht. Eine strikte Kontraindikation für Valproat-haltige Arzneimittel in Frauen welche schwanger sind oder es werden möchten oder können ist längst überfällig. Unverständlich, wie die Zulassungsbehörden seit Jahren herumeiern, obwohl die Teratogenizität dieser Mittel schon längstens bekannt ist und die grosse Anzahl der betroffenen Kinder ebenfalls. Es scheint, dass Ungeborene, Kleinkinder, und Mama’s keine Pharmalobby haben.