Topiramat-haltige Arzneimittel: Daten zum Risiko von kongenitalen Fehlbildungen, wie z.B. Lippen-/Gaumenspalten

Last Updated on December 2, 2015 by Joseph Gut – thasso

18. April 2001 – Das Deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat kürzlich fogendermassen zu Topiramat-haltigen Arzneimitteln orientiert (siehe die originale Mitteilung hier):

Im Jahr 2009 wurde in einem europäischen Harmonisierungsverfahren eine differenzierte Nutzen-Risiko-Bewertung von topiramathaltigen Arzneimitteln vorgenommen und die Produktinformationen wurden überarbeitet. Dabei wurden die verfügbaren Daten aus Schwangerschaftsregistern herangezogen, anhand derer sich ein erhöhtes Risiko für verschiedene kongenitale Fehlbildungen, wie z.B. die Lippen-/Gaumenspalte nach Behandlung von Schwangeren ableiten lässt. Infolgedessen weisen die aktuellen EU-Texte für den Abschnitt 4.6 der SmPC von Topiramat bereits auf dieses Risiko sowohl für die Mono- als auch für die Polytherapie hin. Hiernach können topiramathaltige Arzneimittel in der Indikation Epilepsie in der Schwangerschaft weiterhin unter der Voraussetzung verschrieben werden, dass die Patientin vollständig über die bekannten Risiken unbehandelter Epilepsie für die Schwangerschaft und das potentielle Risiko des Arzneimittels für das ungeborene Kind aufgeklärt ist. Dagegen ist die Migräneprophylaxe mit Topiramat in der Schwangerschaft kontraindiziert. Als weitere Vorsichtsmaßnahme wird Frauen im gebärfähigen Alter empfohlen, eine adäquate Verhütungsmethode anzuwenden.

Die amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde (FDA) hat jetzt – basierend auf der kombinierten Auswertung von zwei Schwangerschaftsregistern (North American Antiepileptic Drug [NAAED] Pregnancy Register und UK Epilepsy and Pregnancy Register) – die US-Produktinformationen topiramathaltiger Arzneimittel überarbeitet und entsprechende Warnhinweise aufgenommen. Danach wird ebenfalls auf das erhöhte Risiko des Entstehens von Lippen-/Gaumenspalten hingewiesen, der Einsatz einer wirksamen Verhütungsmethode empfohlen und die Notwendigkeit einer umfassenden Aufklärung der schwangeren Patientin vor Beginn der Behandlung betont. Im Unterschied zur europäischen Entscheidung bleibt in den USA die Migräneprophylaxe während der Schwangerschaft weiterhin nicht kontraindiziert.

Topiramat-haltige Arzneimittel werden in der Behandlung der Epilepsie sowie in der Migräneprophylaxe eingesetzt. In Deutschland sind diese Arzneimittel unter einer Vielzahl von Handelsnahmen auf dem Markt, z.B. als Epilinia, Epimaxan, Topamac, Topamax, TopiCare, Topimark, Topimec, Topira-Q, Topirafex, etc. Diese Liste ist nicht vollständig; sprechen Sie bitte mit Ihrem Arzt un zu erfahren, ob ihr Arzneimittel zur Migräneprohylaxe Topiramat enthält.

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Professor in Pharmakologie und Toxikologie. Experte in theragenomischer und personalisierter Medizin und individualisierter Arzneimittelsicherheit. Experte in Pharmako- und Toxiko-Genetik. Experte in der klinischen Sicherheit von Arzneimitteln, Chemikalien, Umweltschadstoffen und Nahrungsinhaltsstoffen.

3 Comments on “Topiramat-haltige Arzneimittel: Daten zum Risiko von kongenitalen Fehlbildungen, wie z.B. Lippen-/Gaumenspalten

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  2. Swissmedic hat heute (24. 05. 2011) eine für die Schweiz geltende Aktualisierung der Informationen bezüglich Topiramat (Topamax®) veröffentlicht. Diese schliesst sich inhaltlich nahtlos der obenstehenden Blog-Post an.

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    Topiramat (Topamax®: Erhöhtes Risiko von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten bei Topiramat-Exposition während der Schwangerschaft.

    Arzneimittelinformation: Kontraindikationen, Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen, Schwangerschaft/Stillzeit

    In der Schweiz zugelassene Generika:
    Topiramat Actavis, Topiramat Desitin®, Topiramat Helvepharm, Topiramat-Mepha®, Topiramat Sandoz®, Topiramat Orion, Topiramat Pfizer®, Topiramat Spirig®, Topiramat-Teva®

    07.03.11 – Neue Daten, die von der amerikanischen Arzneimittelzulassungsbehörde FDA analysiert wurden, weisen darauf hin, dass ein erhöhtes Risiko für die Entstehung einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte besteht, wenn Frauen im ersten Schwangerschaftsdrittel mit Topiramat behandelt werden. Dieses Arzneimittel wird zur Behandlung der Epilepsie und zur Prävention der Migräne eingesetzt. In der Arzneimittelinformation von Topiramat in der Schweiz ist eine Schwangerschaft bereits unter den Kontraindikationen aufgeführt, und auf das erhöhte Risiko von Fehlbildungen wie Lippen-Kiefer-Gaumenspalten wird hingewiesen. Aufgrund der neuen Daten werden die Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen nun entsprechend erweitert. Sie werden hier zusammengefasst:

    Bei Frauen im gebärfähigen Alter:

    * Topiramat ist bei Frauen kontraindiziert, die keine sichere Verhütungsmethode anwenden.

    * Vor dem Beginn einer Behandlung mit Topiramat müssen die Frauen darüber informiert werden, dass ein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen und insbesondere für eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalten besteht, wenn während der Behandlung eine Schwangerschaft eintritt.

    * Der Arzt muss vor der Verschreibung von Topiramat eine sorgfältige Risiko-Nutzen-Analyse vornehmen und mögliche Alternativbehandlungen in Erwägung ziehen und besprechen.

    * Während einer Behandlung mit Topiramat muss eine zuverlässige Kontrazeption durchgeführt werden. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Wirsamkeit von kombinierten, oestrogenhaltigen Kontrazeptiva aufgrund pharmakokinetischer Interaktionen mit Topiramat vermindert sein kann (Induktion von CYP3A4).

    * Falls eine Frau, die mit Topiramat behandelt wird, schwanger werden möchte muss sie dies sofort ihrem Arzt mitteilen, damit er mit ihr die Frage der Umstellung der Behandlung und mögliche Behandlungsalternativen besprechen kann. Die Behandlung soll nur in Absprache mit dem Arzt abgesetzt werden.

    Bei Schwangerschaft unter Behandlung mit Topiramat:

    * Frauen, die mit Topiramat behandelt werden und schwanger werden, müssen dies sofort ihrem Arzt mitteilen. Falls die Frau an Epilepsie leidet, soll die weitere Behandlung vom Neurologen in Absprache mit dem Gynäkologen und dem behandelnden Arzt festgelegt und geplant werden. Die Patientin ist zu informieren über die Gefährdung von Mutter und Kind durch epileptische Anfälle in der Schwangerschaft und die mögliche Schädigung des Fötus durch das Medikament. Falls Topiramat zur Migräneprophylaxe verschrieben wurde, muss das Arzneimittel rasch, aber schrittweise unter Aufsicht eines Neurologen abgesetzt werden. Es gibt in diesem Fall meistens sicherere Alternativen.
    * Kontrollen der Schwangerschaft mit sorgfältiger Ultraschalluntersuchung in einem spezialisierten Zentrum werden empfohlen. Eine zusätzliche Einnahme von Folsäure ist am Anfang einer Schwangerschaft immer indiziert, besonders bei Behandlung mit einem Enzym-Induktor wie Topiramat.

    Der Swiss Teratogen Information Service (STIS) im Universitätsspital Lausanne (CHUV) bietet medizinischen Fachpersonen einen Informationsdienst, damit diese betroffene Patientinnen beim Entscheid über die Fortsetzung der Schwangerschaft kompetent beraten können. Um die Kenntnisse zur Anwendung von Topiramat in der Schwangerschaft möglichst umfassend zu dokumentieren, sind die Fachleute aufgerufen, Meldungen über Medikamentenexpositionen in der Schwangerschaft an den STIS zu richten. Der STIS dokumentiert anschliessend deren Ausgang und nimmt sie in seine Datenbank auf (http://www.swisstis.ch/).