Theragenomische Medizin und soziale Gewohnheiten: ein regelmäßig eingenommes Glas Wein kann bei einigen Patienten mit Typ 2 Diabetes zu einem besseren Lipid-Profil und besseren Blutzuckerwerten führen

Theragenomische Medizin und soziale Gewohnheiten: ein regelmäßig eingenommes Glas Wein kann bei einigen Patienten mit Typ 2 Diabetes zu einem besseren Lipid-Profil und besseren Blutzuckerwerten führen

Last Updated on November 25, 2015 by Joseph Gut – thasso

 21. Oktober 2015 – Rotwein und Weißwein verbessern kardiometabolische Risiko-Marker bei Diabetikern, sagt eine 2-Jahres-Studie, welche Online am 13. Oktober 2015 in den Annals of Internal Medicine veröffentlicht wurde. Gemäss dieser kleinen (225 Patienten), jedoch prospektiven und randomisierten Studie kann ein Glas Wein zum Abendessen sowohl das Lipid-Profil wie auch die glykämische Kontrolle bei Patienten mit Typ 2 Diabetes Mellitus verbessern. Nach Erkenntnissen aus dieser Studie in Israel zeigte sich dass Patienten mit kontrolliertem Diabetes, welche 150 ml Rotwein pro Tag konsumierten und gleichzeitig einer mediterranen Ernährungsweise folgten, nach ein (1)  und zwei (2)  Jahren deutlich höhere HDL Cholesterin- und Apolipoprotein-α Werte aufwiesen als vergleichbare Patienten, welche statt Rotwein die gleiche Menge Mineralwasser pro Tag tranken und der gleichen Ernährung folgten.

Darüber hinaus hatte die Gruppe der Patienten, welche randomisiert Weisswein statt Rotwein konsumierten, unter Fasten erheblich verbesserte  Plasma Glukose Werte gegenüber den Patienten welche Mineralwasser statt Wein konsumierten. Die Patienten mit Weinkonsum (Rot- oder Weisswein) wiesen zudem gegenüber der Mineralwasser-konsumierenden Kontrollgruppe deutlich verbesserte Triglyzerid-Werte auf.

Ein Glas Wein ADH IIDie Studienteilnehmer wurden bezüglichen ihres genetischen Outfits an der Alkohol Dehydrogenase (ADH) untersucht. Die ADH katalysiert den ersten Schritt des Abbaus von Alkohol zu Acetaldehyd, welcher dann in einem weiteren Schritt durch die Aldehyd Dehydrogenase (ALDH) zu Acetat (Essigsäure), dem nächsten  Abbauprodukt von Alkohol im Körper (siehe Schema) umgeformt wird. Es gibt verschiedene Formen der menschlichen ADH (unter anderen die  ADH1A, ADH1B, ADH1C, ADH4, ADH5, etc.); genetische Variationen in der ADH1B führen zu unterschiedlichem Ausmass des initialen Alkoholabbaus in menschlichen Individuen. Träger des ADH1B*1 Alleles, sogenannte “Langsame Alkohol Metabolisierer” bauen dabei Alkohol langsamer ab als die Träger des ALDH1B*2 Alleles, den sogennanten “Schnelle Alkohol Metabolisierer”.

Es zeigte sich nun in der Studie, dass Patienten mit dem ADH1B*1 Allel (Langsame Alkohol Metabolisierer) verglichen mit der Gruppe der Patienten mit dem ADH1B*2 Allel (Schnelle Alkohol Metabolisierer) erhebliche Verbesserungen in der glykämischen Kontrolle aufwiesen, einschliesslich niedrigere Plasma-Glukose Werte bei Nüchternheit und HbA1c-Werte, unabhängig davon, ob die Patienten Rot-oder Weisswein zu sich nahmen.

Diese Studie zeigt, dass die Kenntnis der allelischen Varianten des ADH1B-Genes dazu betragen könnte, Patienten zu identifizieren, bei denen mäßiger Weinkonsum zu einer klinischen Verbesserung ihrer Krankheit, Typ 2 Diabetes in diesem Fall, führen könnte. Allerdings wären gross angelegte Studien mit einer viel grösseren Anzahl Patienten notwendig, um die beobachteten positiven Effekte der gegenwärtigen Studie zu bestätigen.

Ob sich aus den vorliegenden Erkenntnissen allerdings tatsächlich eine akzeptierte therapeutische Strategie für Träger gewisser allelischer Varianten am ADH1B-Locus ergibt, bleibt umstritten. Immerhin sind langfristige klinische Effekte  des zu therapeutischen Zwecken kontrolierten und moderaten Alkoholkonsums in Patientent mit Typ 2 Diabetes noch nicht bekannt.

Professor in Pharmakologie und Toxikologie. Experte in theragenomischer und personalisierter Medizin und individualisierter Arzneimittelsicherheit. Experte in Pharmako- und Toxiko-Genetik. Experte in der klinischen Sicherheit von Arzneimitteln, Chemikalien, Umweltschadstoffen und Nahrungsinhaltsstoffen.