Immunvermittelte nekrostisierende Myopathie: Eine seltene, jedoch bedrohliche Nebenwirkung unter Statin-Therapie

Immunvermittelte nekrostisierende Myopathie: Eine seltene, jedoch bedrohliche Nebenwirkung unter Statin-Therapie
Immune-Mediated Necrotizing Myopathy (IMNM)

Last Updated on November 19, 2015 by Joseph Gut – thasso

13. November 2015 – In den letzten Jahren wurden Statine (HMG-CoA-Reduktasehemmer) als ein möglicher Auslöser der seltenen immunvermittelten nekrotisierenden Myopathie (englisch als immune-mediated necrotising myopathy (IMNM) bezeichnet) identifiziert.

Swissmedic (Das Schweizerische Heilmittelinstitut) hat dazu am 21. Oktober 2015 eine sogenannte HPC (Health Profesional Communication) veröffentlicht. Hier finden sie den Inhalt dieser Mitteilung, mit zusäzlichen Informationen angereichert und für den Patienten editiert, wieder, um auch die direkt Betroffenen über diese mögliche Komplikation einer Statin-Therapie zu informieren.

Statine, wie. z.B. Atorvastatin (Handelsnamen: Sortis (Deutschland, Schweiz), Lipitor (USA)), oder Rosuvastatin (Handelsnamen: Crestor (Deutschland, Schweiz, USA)), und viele andere werden zur Behandlung von Störungen des Fettstoffwechsels und zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei spezifischen Risikogruppen eingesetzt. Die Wirkung von Statinen als Lipidsenker Rhabdoberuht auf der Hemmung der HMG-CoA-Reduktase (HMGCR). Die Myopathie (Muskeltoxizitä) als unerwünschte Wirkung ist ein bekannter dosisabhängiger Effekt (Nebenwirkung) aller Statine. Das klinische Spektrum der Statin-assoziierten Muskeltoxizität ist breit und reicht von der asymptomatischen Creatinkinase (CK)-Erhöhung ohne Muskelschmerzen bis hin zur seltenen schwerwiegenden und potentiell lebensbedrohlichen Rhabdomyolyse. Die immunvermittelte nekrotisierende Myopathie unter Statin-Therapie nimmt eine Sonderstellung ein und ist eine sehr seltene schwere Form der Statin-vermittelten Muskeltoxizität. Das Auftreten der Statin-assoziierten IMNM wird auf etwa 2/1.000.000 erwachsener Personen/Jahr geschätzt.

Die in der Regel selbstlimitierende Statin-Myopathie ist eine den behandelnden Ärzten bekannte unerwünschte Wirkung der Statintherapie. Die Abgrenzung zur wesentlich selteneren und unbekannteren Form der Statin-assoziierten IMNM, ist aber von grosser klinischer Relevanz. Dabei zeichnet sich die Statin-assoziierte IMNM in der Regel durch folgende Charakteristika aus:

  1. – erhöhte CK-Werte,
  2. – proximale Muskelschwäche,
  3. – persistierende oder sogar fortschreitende Symptome trotz Absetzen der Statin-Therapie,
  4. – Muskelnekrose mit minimalen oder fehlenden Entzündungszeichen in der Muskelbiopsie,
  5. – Ansprechen auf eine immunsuppressive Therapie.

Außerdem scheint der Nachweis von gegen die HMGCR gerichteten Antikörpern (HMGCR-AK) spezifisch für die Statin-assoziierte IMNM zu sein. Dabei ist zu betonen, dass HMGCR-AK bei Statin-unbehandelten sowie bei Statin-exponierten Individuen insgesamt sehr selten vorkommen. Ebenso sind HMGCR-AK nur selten bei Patienten mit einer selbstlimitierenden Statin-Myopathie nachweisbar.

Während also bei der Statin-Myopathie bei sofortigem Absetzen der Therapie Muskelsymptome und CK- Erhöhungen in den meisten Fällen rückläufig sind, zeigen Patienten mit einer Statin-assoziierten IMNM anhaltende (persistierende) oder sogar fortschreitende Symptome, die meist mit einer immunsuppressiven Therapie behandelt werden müssen.

Bei Swissmedic werden die  Arzneimittelinformationen aller zugelassener Statine (sowie deren Generika betreffend) auf Grundlage der neuen Erkenntnisse aktualisiert und auf der Website von Swissmedic unter www.swissmedicinfo.ch für jederman leicht zugänglich in drei Landessprachen (Deutsch, Französich, Italienisch) und zusätzlich in Englisch aufgeschaltet.

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Professor in Pharmakologie und Toxikologie. Experte in theragenomischer und personalisierter Medizin und individualisierter Arzneimittelsicherheit. Experte in Pharmako- und Toxiko-Genetik. Experte in der klinischen Sicherheit von Arzneimitteln, Chemikalien, Umweltschadstoffen und Nahrungsinhaltsstoffen.