Risiko einer Hepatitis-B-Reaktivierung mit BCR-ABL Inhibitoren

Risiko einer Hepatitis-B-Reaktivierung mit BCR-ABL Inhibitoren

Last Updated on August 17, 2016 by Joseph Gut – thasso

17. August 2016 – Einer neuen Mitteilung der Swissmedic, dem Schweizer Heilmittelinstitut, können wir entnehmen, dass die Behandlung von Patienten mit Tyrosinkinaseinhibitoren zur Reaktivierung einer Hepatitis-B-Infektion führen kann, mit akutem Leberversagen und/oder akuter Hepatitis, welche eine Lebertransplatation nach sich ziehen können oder zum Tod einzelner Patienten geführt haben. 

TKI ITyrosinkinase-Inhibitoren (TKIs) kommen klinisch primär bei Tumorerkrankungen zum Einsatz. Die beobachtete schwere Nebenwirkung der Hepatitis-B-Reaktivierung (HBV-Reaktivierung) wird vor allem mit BCR-ABL Inhibitoren (Wirkstoffen) beobachtet, welche in der Schweiz unter folgenden Produkt-Bezeichnungen zugelassen sind: Bosutinib (Bosulif), Dasatinib (Sprycel), Imatinib (Glivec, Glivec GIST, Imatinib Sandoz, Imatinib-Teva, Imatinib Zentiva), Nilotinib (Tasigna), und Ponatinib (Iclusig).

Die Mitteilung der Swissmedic basiert auf einer umfassenden Überprüfung der Daten aus klinischen Prüfungen und aus Berichten nach der Zulassung der oben erwähnten BCR-ABL Inhibitoren, welche zeigen, dass nach einer Behandlung von Patienten mit BCR-ABL TKIs eine HBV-Reaktivierung bei Patienten auftreten kann, die chronische Träger von HBV sind.

Die Fallberichte deuten darauf hin, dass eine HBV-Reaktivierung zu jedem Zeitpunkt während der Behandlung mit einem der aufgeführten TKI auftreten kann. Einige der Patienten hatten eine dokumentierte Vorgeschichte der Hepatitis B, bei anderen Fällen war der serologische Status zu Beginn der Behandlung unbekannt. Ein Anstieg der Viruslast oder eine positive Serologie wurden bei einer HBV-Reaktivierung diagnostiziert.

Die HBV-Reaktivierung wird als Klasseneffekt von BCR-ABL TKIs eingestuft, wobei der Mechanismus und die Häufigkeit der HBV-Reaktivierung während der Anwendung bislang noch unbekannt sind.

Die resultierenden Empfehlungen der Swissmedic und der Zulassungsinhaber der betroffenen TKIs werden im entsprechenden Frimenschreiben (siehe unten) wie folgt festgehalten:

  • Patienten sollten vor Beginn einer Behandlung mit BCR-ABL TKI auf eine HBV-Infektion untersucht werden.
  • Bei Patienten mit positiver HBV-Serologie (einschließlich solcher Patienten mit aktiver Erkrankung) sind vor Behandlungsbeginn Fachärzte für Lebererkrankungen mit Erfahrung in der Behandlung von HBV-Infektionen zu konsultieren. Dasselbe gilt bei Patienten, die während der Behandlung positiv auf eine HBV-Infektion getestet werden.
  • Träger von HBV, die eine Behandlung mit BCR-ABL TKIs benötigen, sollten während der Behandlung und für einige Monate nach dem Absetzen der Behandlung engmaschig auf Zeichen und Symptome einer aktiven HBV-Infektion überwacht werden.

Die Fach- und Patienteninformationen aller BCR-ABL TKI werden entprechend aktualisiert, um die neuen Sicherheitsinformationen wiederzugeben. Die aktuelle Arzneimittelinformation aller BCR-ABL TKI sind auf der Website von Swissmedic aufgeschaltet unter <www.swissmedicinfo.ch>, Das Firmenschreiben ist hier zu finden: DHPC – BCR ABL Tyrosinkinaseinhibitoren.

Print Friendly, PDF & Email

Professor in Pharmakologie und Toxikologie. Experte in theragenomischer und personalisierter Medizin und individualisierter Arzneimittelsicherheit. Experte in Pharmako- und Toxiko-Genetik. Experte in der klinischen Sicherheit von Arzneimitteln, Chemikalien, Umweltschadstoffen und Nahrungsinhaltsstoffen.