Kopfbälle im Fußball könnten für APOE4-Genotyp-Träger riskanter sein

Kopfbälle im Fußball könnten für APOE4-Genotyp-Träger riskanter sein

Last Updated on February 3, 2020 by Joseph Gut – thasso

02. Februar 2020 – Kopfbälle im Fussball könnten für Träger des APOE4-Genotyps riskanter sein – dies ist die Überschrift eines kürzlich erschienenen Artikels von Reuters Health in Medscape. Daher sollten Fußballspieler mit dem Genotyp Apolipoprotein E4 (APOE4)
möglicherweise die Anzahl der Kopfbälle einschränken, da neue Forschungsergebnisse auf ein erhöhtes Risiko für Gedächtnisprobleme bei Trägern dieses genetischen Risikofaktors auf erhöhte Neurodegeneration hinweisen.

Die Ergebnisse einer kürzlich in JAMA Neurology veröffentlichten Studie liefern einen ersten Hinweis darauf, dass das APOE 4-Allel mit nachteiligen kognitiven Folgen von unterbewussten repetitiven Kopfverletzungen assoziiert sein könnte, unabhängig von einer vorherigen Gehirnerschütterung, berichtet das Studienteam. Der leitende Autor Dr. Michael Lipton vom Albert-Einstein-College für Medizin, Bronx, New York, warnte jedoch davor, dass keine unmittelbaren klinischen Auswirkungen zu erwarten seien. Klinische Implikationen treten möglicherweise erst acht bis zehn Jahre auf, gemäss einzelnen Erfahrungen mit sich wiederholenden leichten traumatischen Hirnverletzungen, z. B. bei chronischer traumatischer Enzephalopathie (CTE), wie sie bei anderen Sportarten mit häufigem Impakt zum Kopf, wie Boxen oder American Football, festgestellt wurden.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie basieren auf 352 erwachsenen Amateurfußballern (Durchschnittsalter 23 Jahre; 256 Männer), die in die Einstein-Längsschnittstudie aufgenommen wurden. Sie alle spielten Fussball mehr als fünf Jahre und mehr als sechs Monate pro Jahr. Alle drei bis sechs Monate über einen Zeitraum von etwa fünf Jahren haben die Spieler einen validierten Online-Fragebogen ausgefüllt, um zu schätzen, wie viele Kopfbälle sie in einem Zeitraum von 12 Monaten ausgeführt haben. Die erhaltenen Daten wurden als niedrig (165 Kopfbälle pro Jahr; Quartile 1 und 2), als mittel (638 Kopfbälle pro Jahr; Quartile 3), und als hoch (2.346 Kopfbälle pro Jahr; Quartile 4) eingestuft.

Das verbale Gedächtnis wurde bei jedem Studienbesuch mit der ISRL-Aufgabe (International Shopping List Delayed Recall) von CogState bewertet. Frühere Ergebnisse dieses Tests hatten nahegelegt, dass das APOE4-Allel bei gesunden, alternden Erwachsenen mit einem schlechteren Gedächtnis assoziiert ist. Die hohe Anzahl Kopfbälle waren mit einer signifikant schlechteren verbalen Gedächtnisleistung verbunden. Und während es keine Hauptassoziation von APOE4 mit dem verbalen Gedächtnis gab, gab es eine signifikante Assoziation dieses Genotyps und der hohen Anzahl Kopfbälle mit der Leistung bei der ISRL-Aufgabe. In nach APOE4-Status basierten Analysen wiesen APOE4-positive Spieler im Vergleich zu APOE4-negativen Spielern ein vierfach höheres Defizit des verbalen Gedächtnisses in Verbindung mit einer niedrigen Anzahl Kopfbällen und ein 8.5-fach höheres Defizit des verbalen Gedächtnisses in Verbindung mit einer moderaten Anzahl Kopfbällen der Spieler. Die Beeinträchtigung war jedoch relativ gering. In absoluten Zahlen erinnerten sich APOE4-Träger im höchsten Quartil der Anzahl Kopfbälle gegenüber denjenigen in den anderen Quartilen an etwa ein Element weniger bei der ISRL-Aufgabe.

In einem Editorial in JAMA wurde festgestellt, dass die beobachtete Beeinträchtigung geringfügig war. Es ist unklar, ob diese Beeinträchtigungen mit der täglichen Funktion zusammenhängen, von den Teilnehmern bemerkt wurden, oder vorübergehender Natur waren. Umgekehrt ist die modifizierende Rolle von APOE4 bei Assoziationen zwischen wiederholter Kopfverletzung und kognitiver Wahrnehmung glaubwürdiger, wenn in einer Gruppe von aktiven Spielern überhaupt ein Interaktionseffekt festgestellt werden konnte.

In der Zukunft besteht eine potenzielle Rolle für die Genotypisierung bestimmter Athleten darin, dass risikobehaftete Gene als Mittel zur gezielten Anpassung der Aktivität und zur Exposition gegenüber Kopfbelastungen eingesetzt werden könnten. Zum Beispiel könnte Personen mit einem risikobehafteten Gen wie APOE4 geraten werden, keinen Kollisionssport zu betreiben oder ihre Exposition gegenüber Stößen stärker als andere zu verringern. Es gibt auch ein breiteres Potenzial für den Einsatz von prospektivem genetischen Testing, um diejenigen Individuen auszuwählen, welche Szenarien mit hohem Risiko wie in Kampf- oder Kontakt-Sportarten ausgesetzt sein sollten oder nicht. All dies muss jedoch vor der tatsächlichen Implementierung noch geklärt werden.

Trotzdem bin ich als Vater von zwei Jungen, die sich voll und ganz mit Fußball beschäftigen, heute fast geneigt, sie auf einige Risikogene testen zu lassen, um ihre Spielfähigkeiten entsprechend anzupassen, und, im Falle eines positiven Resultats für  APOE4 ihnen von der Position eines Innenverteidigers abzuraten. Sehen Sie hier, worüber wir möglicherweise sprechen:

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Professor in Pharmakologie und Toxikologie. Experte in theragenomischer und personalisierter Medizin und individualisierter Arzneimittelsicherheit. Experte in Pharmako- und Toxiko-Genetik. Experte in der klinischen Sicherheit von Arzneimitteln, Chemikalien, Umweltschadstoffen und Nahrungsinhaltsstoffen.