Xofigo: Manchmal fragt man sich

Xofigo: Manchmal fragt man sich

Last Updated on December 23, 2017 by Joseph Gut – thasso

13. Dezember 2017 – Manchmal fragt man sich schon, zu was Industriechemikalien, radioaktive noch dazu, (miss)braucht werden können. Immerhin finden wir Radium in selbstleuchtenden Zifferblättern.

In einem Rote-Hand-Brief informiert das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BrArM) zusammen mit der Zulassungsinhaberin für Radium-223-dichlorid (Xofigo), dass ein erhöhtes Risiko von Todesfällen und Frakturen in einer randomisierten klinischen Studie mit Radium-223-dichlorid (Xofigo) in Kombination mit Abirateronacetat und Prednison/Prednisolon zur Behandlung von chemotherapienaivem kastrationsresistentem Prostatakarzinom (CRPC) aufgetreten sind.

Danach ergibt sich aus den vorläufige Daten einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie (15396/ERA-223 Studie) vermehrtes Auftreten von Frakturen (24% vs. 7%) und Todesfällen (27% vs. 20%) bei Patienten, die mit Radium-223-dichlorid (Xofigo) in Kombination mit Abirateronacetat und Prednison/Prednisolon behandelt wurden (n = 401), dies im Vergleich zu Patienten, die mit Placebo in Kombination mit Abirateronacetat und Prednison/Prednisolon behandelt wurden (n = 405). Diese Studie an asymptomatischen oder leicht-symptomatischen chemotherapienaiven metastasierten CRPC-Patienten, deren Metastasen sich hauptsächlich in den Knochen manifestieren, wurde auf Empfehlung eines unabhängigen Gremiums zur Datenüberwachung (Independent Data Monitoring Committee, IDMC) vorzeitig entblindet.

Bis zur vollständigen Auswertung der Studiendaten wird gemäss Rote-Hand-Brief folgendes empfohlen:

  • Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom sollen mit Radium-223-dichlorid in Kombination mit Abirateronacetat und Prednison/Prednisolon nicht mehr behandelt werden.
  • Die beschriebene Maßnahme sollte befolgt werden, solange weitere Untersuchungen darüber stattfinden, welche Konsequenzen aus diesen Ergebnissen zu ziehen sind. Weitere Empfehlungen werden nach Abschluss der Bewertung mitgeteilt.

Ebenso ergeht dieAufforderung zur Meldung von Nebenwirkungen. Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen und Patienten sind gleichermassen aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden, in Deutschland entweder an die Zulassungsinhaberin Bayer Vital GmbH, via die E-mail Addresse  medical-information@bayer.com, oder dem Telefon  0214/30 51348, oder alternativ an das BfArM, über das Internet an www.bfarm.de – Arzneimittel – Pharmakovigilanz – Risiken, oder schriftlich an die Postadresse Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, 53175 Bonn.

Radium-223-dichlorid (Xofigo), ein radiochemischer alpha-Strahler mit einer Halbwertszeit von 11,43 Tagen, wurde schon 2013 zur intravenösen Anwendung bei symptomatischen Knochenmetastasen des kastrationsresistenten Prostatakrebses  durch die Amerikanische Food & Drug Administration (FDA) und durch die European Medicines Agency (EMA) zugelassen. Zumindest in der EU unterliegt Radium-223-dichlorid (Xofigo) einer zusätzlichen Überwachung im Rahmen des Überwachungsprogrames das “Schwarze Dreieck”,welches dazu dient, die Sicherheit gewisser Arzneimittel in ihrer Anwendung in der allgemeinen Patientenpopulation nach deren behördlichen Zulassung zu überwachen; dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit.
Während für Radium-223-dichlorid (Xofigo) Todesfälle von Patienten gemeldet wurden, fallen interessanterweise Frakturen bisher in VigiAccess, basierend auf VigiBase, der globalen Datenbank der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (ADRs), welche vom Uppsala Monitoring Centre (UMC) gepflegt wird, nicht besonders auf.
Man kann sich hier dann fragen, wieso in der vorliegenden Studie diese Ereignisse (erhöhte Anzahl von Todesfällen und Frakturen) auftreten. Gibt es spezielle Selektion von Patienten in dieser Studie? Oder gibt es wichtige Interaktionen zwischen Radium-223-dichlorid (Xofigo) und den Komponenten  Abirateronacetat und/ oder Prednison/Prednisolon, welche in dieser Behandlungskombination eingesetzt werden? Wie steht es um die Sicherheit von Radium-223-dichlorid (Xofigo) mit anderen Medikationen, welche im Onkologie-Bereich eingesetzt werden (Comedications)? Gibt es Tumor- oder Patienten-seitige (genetische) Prädispositionen für die hier angesprochenen klinischen Endpunkte?

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Professor in Pharmakologie und Toxikologie. Experte in theragenomischer und personalisierter Medizin und individualisierter Arzneimittelsicherheit. Experte in Pharmako- und Toxiko-Genetik. Experte in der klinischen Sicherheit von Arzneimitteln, Chemikalien, Umweltschadstoffen und Nahrungsinhaltsstoffen.

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